Es ist soweit. Wir verabschieden uns von Aruba, klarieren aus, lösen die Leinen und begeben uns auf Fahrt. In zwei Tagen sollten wir Kolumbien erreichen. Wind und Wellen sind unstet und so starten wir den Motor zur Unterstützung. Nachts verirren sich fliegende Fische an Bord und ein kleiner Vogel nutzt unsere Manatee als Ruheinsel, bevor er seinen Flug fortsetzt. An der Küste Kolumbiens müssen wir Baumstämmen ausweichen, welche aus der Flussmündung des Rio Magdalena uns entgegentreiben. Ansonsten ist es eine ruhige Fahrt.
Gegen Mittag steuern wir Santa Marta an, deren Hochhäuser in den Himmel ragen und schon von Weitem sichtbar sind.
Nach den karibischen Inseln ein ganz anderes Stadtbild.
Wir beziehen unseren Liegeplatz und es folgt das Einklarieren über einen Agenten, welcher von der Marina bestellt und zu uns an Bord kommt.
Die Formalitäten sind erledigt, die gelbe Q-Flagge abgenommen und wir können uns mit der neuen Umgebung vertraut machen und auf erste Entdeckungstouren begeben.
Erster Eindruck: die Stadt ist laut, bunt und ja, auch dreckig, aber voller Lebensfreude. Willkommen in Südamerika.
Im Dschungel der Stadt finden wir uns schnell zurecht, da Straßen und Häuser in Quadrate eingeteilt sind. Manchmal ist es schon verrückt, den hiesigen Hindernissen auszuweichen. In der Luft hängen die Kabel ziemlich tief und wir müssen aufpassen, uns nicht zu verfangen. In den Gehwegen klaffen Löcher, welche, wenn, dann nur notdürftig gekennzeichnet sind. Aber wir gewöhnen uns schnell an die neuen Herausforderungen. Die Menschen sind offen und freundlich.
Am Wochenende wird die Straße am Ufer des Atlantiks zum Treffpunkt der Stadt. Hier macht man Sport, geht spazieren, zeigt sich, sitzt gemütlich auf allem, was man findet, isst, trinkt, trifft sich mit Freunden und Familie und macht viele Fotos.
Zwischendurch bieten die Händler laut ihre Waren an. Die Sonne geht unter und taucht dieses Treiben in ein zauberhaftes Licht.
Es freut uns, nach langer Zeit wieder mal moderate Preise für unseren Lebensunterhalt vorzufinden und auch das Umrechnen der vielen Pesos gelingt uns recht schnell.
Unsere Segelfreunde der SY Paradise folgen uns nach Santa Marta und wir freuen uns, einige Ausflüge gemeinsam zu unternehmen.
So verbringen wir vier die Weihnachtsfeiertage in dem wunderschönen Cartagena, welches nicht nur für ausländische Touristen, sondern ebenfalls für die Kolumbianer ein beliebtes Ziel ist.
Cartagena besticht mit seiner kleinen und gut erhaltenen Altstadt. Wir schlendern durch die kleinen Straßen der Stadt, in denen Frauen in ihrer Tracht sich für Fotos präsentieren, schauen von der Stadtmauer dem Sonnenuntergang zu und lassen uns vom Weihnachtsflair verzaubern. Auf den bunt geschmückten Plätzen finden sich die Menschen ein und es ist ein Getümmel wie auf den Weihnachtsmärkten in Deutschland.
Mit dem City Bus lernen wir auch das moderne Cartagena kennen. Die Audiotechnik holpert etwas, aber das Meiste bekommen wir mit.
Im Stadtpark sehen wir unser erstes Faultier, welches sich behäbig zwischen den Ästen bewegt. Kleine Affen springen umso munterer durch die Bäume und durch das viele Grün entdecken wir auch noch Papageien. Schon verrückt, mitten in der Stadt diese Tiere zu erleben.
Auf unserer Heimfahrt nach Santa Marta machen wir einen Zwischenstopp in Puerto Colombia, einem kleinen Küstenort. Im Zentrum wurden Figuren aufgestellt, welche die Einwanderer Kolumbiens aus aller Welt darstellen. Informationen dazu konnten wir dem QR-Code auf jeder Figur entnehmen. Schöne Idee.
Krönender Abschluss unserer Heimfahrt war der Halt am Rio Magdalena, um die kürzlich enthüllte Plastik der Sängerin Shakira, einer Tochter des Landes, zu bewundern. Unser Taxifahrer war sehr stolz und glücklich, uns diese zu präsentieren.
Nachdem wir schon an unterschiedlichen Orten Silvester gefeiert haben, sind wir gespannt, wie hier der Jahreswechsel begangen wird. Wir lassen es ruhig angehen. Ein großes Feuerwerk wird uns diesmal nicht geboten. Doch gemeinsam mit unseren Segelfreunden begrüßen wir das Neue Jahr und wünschen uns alles Gute. Wir sind stolz auf unsere vielen gemeinsamen Erlebnisse.
Natürlich wollen wir auch in das Landesinnere. Kolumbien ist groß, es fahren keine Züge durch das Land und das Straßennetz ist begrenzt. Also geht es mit dem Flieger nach Medellin. Durch die hier vorherrschenden gemäßigten Temperaturen, wird sie auch die Stadt des ewigen Frühlings genannt. Ja, wir freuen uns über diese Abkühlung und unsere Unternehmungen werden so sehr angenehm.
Neben den Skulpturen des Fernando Botero, welche wir gleich im Stadtzentrum bewundern können, sind wir sehr an der Geschichte der Communa 13 interessiert. Während einer Street Walking Tour erfahren wir, wie die Menschen in diesem Stadtviertel lebten und leben und wie sich dieser Teil von einem Ort mit der höchsten Mordrate zu einem kulturellen Zentrum entwickelte. Wirklich beeindruckend und unbedingt empfehlenswert, da es doch stellvertretend für die Geschichte des Landes steht.
Medellin ist eine sehr moderne Stadt mit einem sehr guten öffentlichen Verkehrsnetz. Die Metro fährt alle paar Minuten, ist pünktlich und gut bewacht. Vier Seilbahnlinien verbinden die auf den Hängen liegenden Stadtteile mit dem Zentrum der Stadt. Eine Fahrt damit ist für uns Reisende ein schönes Erlebnis, für die Einheimischen ein normales Verkehrsmittel.
Um eine kleine Verschnaufpause vom Trubel der Stadt zu erhalten, suchen wir die Ruhe des botanischen Gartens auf und bestaunen die Gartenkonstruktion auf diesem Gelände.
In der Nähe der Großstadt befindet sich der beliebte Ausflugsort Guatapé. Dort befindet sich ein einsamer riesiger Monolith, von dessen Plattform man einen fantastischen Blick auf die Umgebung hat. Dort wollen wir hin.
Es ist Sonntagmorgen und Ferienzeit. Mit uns hat gefühlt ganz Kolumbien diese Idee. Der Busbahnhof ist zum bersten voll. Aber gut, wir fügen uns in dieses Getümmel und kommen zwar mit Verspätung, aber doch gut ans Ziel. Nach über 700 Stufen bergauf können wir tatsächlich einen Blick auf eine wunderschöne Natur genießen. Leider reicht unsere Zeit in Guatapé nur noch, um sich um das Rückfahrticket zu kümmern, welches wir zwar online gebucht und bezahlt haben, aber so nicht gültig ist. Wir stehen zwischen netten Menschen, denen es genauso geht und nehmen die Sache mit Humor.
Am nächsten Tag geht es weiter mit unserem Abenteuer. Mit dem Bus geht es in das kleine Bergdorf Salento. Der Ort ist touristisch, aber einfach bezaubernd. Die bunt bemalten Häuser, kleine Restaurants, Cafés und Geschäfte und die besonders freundlichen Menschen hier lassen die Zeit vergessen. Außerdem ist dieser Ort ein beliebter Ausgangspunkt, um Touren und Wanderungen in die Umgebung zu starten.
Während die meisten Besucher in das nahe gelegene Valle de Cocora fahren, zieht es uns ein bisschen weiter. Wir buchen eine Tour in das entferntere Carbonera Tal. Mit dem Jeep, dem sogenannten Willy, geht es ca. zwei Stunden über Stock und Stein, der einzigen holprigen Bergstraße entlang. Doch jedes Schlagloch, jede Unebenheit haben sich gelohnt.
Wir steigen aus und erleben ein einmaliges unglaubliches Panorama.
Hier stehen über 400.000 Wachspalmen und recken in 60 Metern Höhe ihre Wedel in den Wind, der sie in ihrer Länge sanft tanzen lässt.
Es ist wohl die größte Wachspalmenpopulation Südamerikas, vielleicht auch der Welt. Unsere Reiseleiterin erklärt uns alles Wissenswerte über diese Palmen und über dieses Gebiet. Wir sind beeindruckt, wandern über die Wiesen, bestaunen die Natur und machen viele Fotos. Zum Schluss finden wir uns vor einem erfrischendem Wasserfall wieder und stärken uns in einem einheimischen Lokal, bevor es wieder auf den Weg nach Salerno geht.
Unsere kleine Rundtour durch Kolumbien beenden wir mit unserer Heimreise nach Santa Marta. Erst mit dem Bus nach Pereira, dann mit dem Flieger nach Bogota und im Anschluss nach Santa Marta. Ein Taxi bringt uns zum Hafen, wo wir wieder glücklich auf unserem Boot landen. Es hat sich gelohnt.
In Santa Marta finden wir uns schnell wieder in das Leben ein, freuen uns über bereits bekannte Gesichter und entdecken immer wieder Neues.
Auf dem Platz vor der Kirche lassen wir uns die „leckerste“ Fischsuppe der Stadt schmecken und werden zum Wiederholungstäter.
Es sind wie immer einige Arbeiten zu erledigen. Eben ein normales Bootsleben mit allen Herausforderungen. Am späten Nachmittag erfrischen wir uns gern mit ein paar Schwimmrunden im Pool, welchen wir von der Marina aus mitbenutzen dürfen.
Wir feiern unsere Geburtstage und telefonieren mit unseren Lieben daheim.
Seitdem wir Starlink an Bord installiert haben, geht das supergut und wir müssen uns keine Sorgen um genug Internetvolumen machen.
Die ARC World ist für ein paar Tage in der Marina und versucht einen ersten Eindruck Kolumbiens zu erhaschen, was unserer Meinung so kurz kaum möglich ist. Aber gut, sie haben ihren festen Zeitplan und müssen gleich weiter.
Kolumbien ist ein großartiges Land mit spannender Geschichte, offenen Menschen und vielfältiger Natur. Wir haben sicher nur einen kleinen Einblick in dieses fantastische Land erhalten.
Doch unser Aufenthalt nähert sich dem Ende. Es gäbe noch viel zu entdecken…
Wir warten, bis Wind und Welle nachlassen, um unser nächstes Ziel in Angriff zu nehmen.
Für weitere Informationen stehe ich gern zur Verfügung.
© by Heike und Frank Reinecke
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